Dienstag, 28.06.2022 (Trier mit Luxemburg-Stadt)

Heute mussten wir früher aufstehen, weil zunächst ein Ausflug nach Trier auf dem Programm stand, am Nachmittag würde es dann auch noch mit dem Bus nach Luxemburg-Stadt gehen. Die Asara war gegen 9.00 Uhr in dem wahrlich mehr als unansehnlichen Industriehafen in Trier-Ost angekommen. Das allein war schon ein Ärgernis, weil wir an diesem wirklich ungastlichen Ort auch noch über Nacht bleiben sollten.

Mit dem Bus ging es dann in die Innenstadt von Trier, endlich spielte das Wetter auch mit, und die Vorfreude auf den Ausflug war entsprechend groß. Vom Ortsteil Heiligkreuz genossen wir, sozusagen als Appetitanreger, eine herrliche Aussicht auf die von den Römern gegründete Stadt Trier. Von dort oben lenkte unser Fahrer seinen Bus Richtung Innenstadt. Es ging an den altrömischen Kaiserthermen vorbei und unweit der großartigen Porta Nigra durften wir aussteigen und unseren Weg zu Fuß fortsetzen. Im Vorbeigehen machte ich noch schnell ein Foto der umstrittenen Bronzeskulptur von Karl Marx, die am 5. Mai 2018, also am 200. Geburtstag von Marx, enthüllt wurde.  

Wenig später, wir waren mittlerweile an der Porta Nigra angelangt, passierte ein folgenreicher Unfall. Sonja übersah eine Stufe und stürzte schwer. Sie fiel mit dem Gesicht nach vorne und zog sich Verletzungen am ganzen Körper zu. Einige der umstehenden Mitreisenden kamen sofort herbei und halfen meiner Frau, ich selbst befand mich in einer Art Schockstarre und war kaum fähig, vernünftig zu denken. Jemand streifte ihr die Ringe von den Fingern, eine andere Dame kümmerte sich um ein Pflaster, um die stark blutende Wunde über dem linken Auge zu versorgen. Wieder jemand anders prüfte, ob etwa die Handgelenke gebrochen wären. Schließlich setzten wir meine Frau gemeinsam auf einen Stuhl und berieten kurz wie es weitergehen soll. Nachdem ich wieder einigermaßen klar denken konnte, entschied ich, dass wir die Gruppe verlassen und ins Krankenhaus gehen. Zunächst suchten wir aber einen Optiker in der Innenstadt auf, wo uns eine sehr hilfsbereite junge Dame zur Seite stand und Sonjas Brille kostenlos wieder in Stand setzte. Dann gingen wir 15 Minuten zu Fuß zum Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, das glücklicherweise nicht weit von der Innenstadt entfernt liegt. Meine Frau lieferte ich in der Notaufnahme ab, ich musste in den Wartebereich. Zwei Stunden später hatte Sonja den Befund und die Gewissheit, dass zumindest nichts gebrochen war. Aber sie hatte sich beim Sturz schwere Prellungen am linken Knöchel, an den Knien und an beiden Händen zugezogen. Über dem linken Auge thronte ein Cut. Der nächste Weg führte uns in ein Sanitätshaus, wo wir uns Stützverbände besorgten. Dann fuhren wir mit dem Taxi zum Schiff.

Nachdem man meine Frau mit reichlich Schmerzmitteln vollgestopft hatte, fühlte sie sich kräftig genug, um den Ausflug nach Luxemburg mitzumachen. Wir hatten auch keine Zeit mehr, uns frisch zu machen, geschweige denn zu Mittag zu essen. Stattdessen baten wir an der Rezeption um ein schnelles Sandwich. Selbiges wurde von fleißigen Händen denn auch in Windeseile zubereitet und zum Empfang gebracht. Ich verstaute es im Rucksack und dann ging es auch schon los. An dieser Stelle schon mal ein herzlicher Dank an die Crew der Asara, hier zeigte wirklich jeder über die Maßen Betroffenheit und Hilfsbereitschaft. Allein diese Einstellung gab auch uns beiden die Kraft und die Zuversicht, um die Reise schließlich doch fortzusetzen!

Dann saßen wir also im Bus und waren irgendwie noch immer geschockt. Wir hörten die Worte unserer beiden Reiseleiter, aber die Gedanken waren ganz woanders. Und ehrlich gesagt passten die gnadenlos sterilen Neubauten der Banken, die außerhalb der Stadt Luxemburg hochgezogen worden sind, auch zu unserer Stimmung, die von frustriert bis enttäuscht schwankte. Was würde der weitere Verlauf der Reise wohl noch bringen? Immerhin war das Stadtbild nach Beginn unserer fußläufigen Route deutlich abwechslungsreicher. Die historischen Häuser sahen alle wie neu aus, was auch kein Wunder ist, denn hier wird regelmäßig sandgestrahlt, wie man uns erklärte. Die Luxemburger stellen ihren Bürgern auch einen kostenlos nutzbaren öffentlichen Nahverkehr zur Verfügung und auch für die öffentlichen Toiletten muss man nichts bezahlen. Ein Blick auf die eine oder andere Speisekarte zeigte aber auch, dass man im Übrigen sehr viel zahlen muss in diesem kleinen Land mit den vielen Institutionen der Europäischen Union. Wir kamen u.a. am Abgeordnetenhaus von Luxemburg vorbei, warfen einen Blick die Kathedrale unserer lieben Frau, neben der die berühmte „Goldene Frau“ steht. Über die Adolphe-Brücke spazierten wir zur imposanten Sparkasse, die heute ein Bankenmuseum ist, und konnten dabei auch noch einen Blick auf die Kasematten ergattern, das waren einmal unterirdische Verteidigungsanlagen mit einer Kapazität für über 30.000 Luxemburger. Trotz allem blieb uns der emotionale Zugang zu dieser Stadt versperrt, weil wir nicht richtig bei der Sache waren.

Gegen 18.30 Uhr kehrten wir mit dem Bus wieder zu dem unansehnlichen Industriehafen zurück. Wieder blieb nur Zeit für eine Katzenwäsche und jetzt zeigte sich, dass ich Sonja bei einigen Dingen helfen musste. Im Restaurant angekommen sprachen uns viele Mitreisende auf den Unfall an und wollten wissen, wie es Sonja denn nun ginge. Es war schön, diese Anteilnahme erleben zu dürfen. Das Abendessen schmeckte aber trotzdem, vor allem der Tatar vom Rind und das Geschnetzelte alla Stroganoff erfüllten einmal mehr alle Erwartungen. Sonja ging nach dem Abendessen sofort auf die Kabine und legte sich schlafen, der Tag war ja nun wirklich aufregend genug. Ich traf mich noch mit den „Berlinern“ auf einen Aperol Spritz, machte beim Musikquiz mit, bei dem ich diesmal leer ausging und gegen 22.00 Uhr zog ich mich ebenfalls auf die Kabine zurück. Ich war gespannt, wie der morgige Tag wohl werden würde.

Der heutige Tag brachte sicher die einschneidendste Veränderung während einer Urlaubsreise. Wir hatten zwar auch in der Vergangenheit immer mal wieder mit kleineren Missgeschicken zu tun, aber was meiner Frau heute widerfahren war, hatte doch eine andere Qualität. Und trotzdem hatten die Erlebnisse auch etwas Versöhnliches, passenderweise zitiere ich die "Worte zum Tag", die am Ende eines jeden Tagesprogramms standen:

Wir neigen dazu, Erfolg eher nach der Höhe unserer Gehälter oder nach der Größe unserer Autos zu bestimmen, als nach dem Grad der Hilfsbereitschaft und dem Maß unserer Menschlichkeit (Martin Luther King jun.)

 

Start Reisebericht Trier - Bernkastel-Kues Traben-Trarbach

 


Datenschutzerklärung