Dienstag, 10.08.2021 (Koblenz)

Um etwa 7.30 Uhr machte die Switzerland in Koblenz bei leider bedecktem Wetter fest. Heute stand das letzte Highlight der Reise auf dem Programm, ein Stadtrundgang und eine Führung auf der Festung Ehrenbreitstein. Leider musste ich diesen Ausflug ohne meine Frau bestreiten, weil sie Magen-Darm-Probleme hatte und sich nicht sehr gut fühlte. Kurz bevor der Ausflug begann, traf ich noch unsere fleißige Cabinstewardess Tatjana und erklärte ihr, dass sie unsere Kabine heute nicht reinigen müsse. Sie zeigte sich ob der Gründe gleich sehr besorgt und wollte nach meine Frau bei Gelegenheit schauen und ihr einen Tee bringen. Derart empathisches Verhalten der Servicekräfte auf Schiffen ist durchaus nicht selbstverständlich, weil sie in der Regel so viel Arbeit haben, dass für zusätzliche Dinge kaum Zeit bleibt.

Die Switzerland lag unweit der Balduinbrücke und in Sichtweite zum berühmten Deutschen Eck. Erneut zeigte sich der große Vorteil einer Flusskreuzfahrt: die kurzen Wege zu den Sehenswürdigkeiten. Unsere umtriebige Stadtführerin holte uns pünktlich um 9.00 Uhr direkt an Bord ab und schon zwei Minuten später standen wir an der Rückseite des Alten Kaufhauses, das freilich von vorne noch viel interessanter ist, weil dort der berühmte "Augenroller" seine Augen im Takt der Uhr, die im Jahr 1724 in den Turm eingebaut wurde, bewegt und auch seine Zunge alle halbe und volle Stunden herausstreckt. Ich habe auch versucht, das zu filmen und wenn man genau hinschaut, kann man das Herausstrecken der Zunge auch erkennen.

Der Augenroller erinnert an den Raubritter Johann Lutter von Kobern, welcher der Sage nach auf dem Schafott seine Augen verdreht und den Zuschauern die Zunge herausgestreckt haben soll. Uns blieb jedoch keine Zeit, lange über die Grausamkeiten des Mittelalters nachzudenken, denn Koblenz hat noch so viel mehr zu bieten. Immerhin leben hier etwa 113.000 Einwohner, Koblenz ist damit nach Mainz und Ludwigshafen die drittgrößte Stadt von Rheinland-Pfalz. Unser Weg führte uns weiter zum Florinsmarkt, wo die Florinskirche steht. Die nächste Kirche, die wir sahen, war die Liebfrauenkirche. Natürlich bleibt es bei einem Spaziergang nicht aus, dass man auf den Boden blickt. In Koblenz umso mehr, denn hier stößt man unweigerlich auf fotogene Gullydeckel mit dem "Schängel". Der Schängel ist ein liebenswerter kleiner Kerl, der für Witz, Schlagfertigkeit und rheinische Lebensart steht. Der gleichnamige Brunnen befindet sich am Willi-Hörter-Platz, umringt von Renaissance- und Barockbauten des Jesuitenensembles.

Unsere rührige Stadtführerin war selbst eine rheinische Frohnatur. Am Schängelbrunnen intonierte sie wie selbstverständlich das Schängellied und steigerte so noch die ohenhin schon gute Stimmung, denn die Bronzefigur am Brunnen spuckt in unregelmäßigen Abständen weit über den Brunnen hinaus. Spaziergänger sollten sich also in Acht nehmen. Oft sind es tatsächlich die kleinen Dinge, die meist bei den Besichtigungen untergehen, nicht so an diesem Tag in Koblenz. So sind hier in den engen Gassen um die Altstadt die "Koblenzer Originale" anzutreffen. Jede(r) hat es auf seine Art zu einer gewissen lokalen Berühmtheit gebracht. Wir sind beim "Pfefferminzje" vorbeigekommen, bei Peter Schneider, bekannt als "Dä Gummi" und bei "Spitals Andun".

Passend zur Stimmung hellte sich auch der Himmel auf und die blauen Farbtupfer wurden größer. Auf unserem Weg zum Görres-Platz gingen wir die Firmungstraße entlang. Hier wurden wir auf einen Jugendstilgiebel aufmerksam: die griechische Göttin der Gesundheit, Schutzpatronin der Apotheker, blickte gütig auf die vorbeiziehenden Touristen herab. Ein solches Bauwerk sieht man tatsächlich nicht alle Tage. Je länger ich unterwegs war, um so besser gefiel mir die Stadt, die zu den ältesten Deutschlands zählt. Es ist vor allem die Abwechslung zwischen berühmten Sehenswürdigkeiten, wie z.B. der Festung oder den großen Kirchen einerseits und den eher unscheinbaren, nicht auf den ersten Blick sichtbaren kleineren Denkmälern oder Brunnen andererseits. Zu einem Brunnen der besonderen Art kamen wir auf unserem weiteren Weg von der Firmungstraße. Hier auf dem Görres-Platz sticht vor allem die markante Historiensäule hervor, die in zehn übereinander gereihten Szenen die Geschichte der Stadt erzählt.

Vom Görres-Platz ist es nicht mehr weit bis zum Konrad-Adenauer-Ufer. Von dort kann man die Festung Ehrenbreitstein schon sehen. Bereits von unten wirkt sie beeindruckend. Wie mögen sich da erst die Soldaten gefühlt haben, die 118 Meter nach oben blickten zu einer der größten Festungsanlagen Europas. Und heute haben wir sogar noch die Möglichkeit, ganz bequem mit der Seilbahn nach oben zu schweben und eine fantastische Aussicht auf das Deutsche Eck, den Rhein und die Mosel zu genießen.

Oben angekommen staunte ich zunächst über die unglaubliche Weite des Areals, wo sich eine freie Fläche von annähernd einem Kilometer eröffnete. Das wäre, so unsere Stadtführerin, auf die Reichweite der damaligen Kanonen zurückzuführen, die um 1828, damals wurde Ehrenbreitstein fertiggestellt. Das Bollwerk am Rhein wurde auf die Verteidigung gegen alle damals bekannten Waffen und Angriffsarten optimiert. Im Kriegsfall sollten 1500 Soldaten mit 80 Geschützen den Ehrenbreitstein verteidigen. Schon als wir die Festung betraten, beschlich uns ein merkwürdiges Gefühl, man hörte den Galopp von Pferden und fühlte sich sofort in die Zeit des 19. Jahrhunderts versetzt. Die Geräusche kamen natürlich aus Lautsprechern, aber sie erfüllten ihren Zweck. Man war sofort gedanklich eingebunden in die damalige Szenerie. Das Übrige erledigten dann die folgenden Bilder einer wirklich beeindruckenden Festungsanlage.

Auch wenn die Festung vergleichsweise komfortabel ausgestattet war, so hatte z.B. jeder Soldat sein eigenes Bett und die gesicherten Räume waren sogar mit einer Heizung ausgestattet, hätte ich ganz bestimmt nicht mit den Wehrpflichtigen und Berufssoldaten, die hier stationiert waren, tauschen wollen. Das ist der Vorteil einer solchen "Geschichtsstunde": man kann kurzzeitig eintauchen in die Vergangenheit und nach Belieben wieder aussteigen. In dem Fall ging ich einfach nach vorne an die Brüstung und genoss den fantastischen Ausblick auf die Stadt Koblenz, die mir hier förmlich zu Füßen lag.

Dann wurde es Zeit für den geordneten Rückzug. Wir verabschiedeten uns von der Festung Ehrenbreitstein und nahmen wieder den bequemen Weg mit der Panorama-Seilbahn nach unten. Auch beim zweiten Mal ein tolles Erlebnis. Unten angekommen machten wir dann natürlich noch einen Abstecher zum Deutschen Eck, wo die Mosel in den Rhein fließt.  Auf dem Weg dahin kamen wir auch bei der wirklich schönen Baslika St. Kastor vorbei. Dieser großartige Ausflug endete am 37 Meten hohen Monument mit dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I.

Es war bereits 12.40 Uhr als wir an Bord der Switzerland zurückkehrten. Gerade noch rechtzeitig zum Ablegen. Dann ging ich auf die Kabine, um nach meiner Frau zu sehen. Es ging ihr zum Glück bereits besser und so konnten wir noch ein gemeinsames leichtes Mittagessen einnehmen, ehe ich mich auf die Kabine zurückzog, um ein kleines Nickerchen zu machen. Die Switzerland fuhr mittlerweile längst Richtung Bonn. Von der Kabine aus verfolgten wir anschließend die Schönheiten des Siebengebirges. Der Drachenfels zog an uns vorüber und der Petersberg in Königswinter kündigte erst die "Strudelmania" um 16.00 Uhr an und dann sahen wir am Ufer schon den 162 Meter hohen Posttower, das höchste Hochhaus Deutschlands außerhalb von Frankfurt. Wir hatten Bonn erreicht und legten pünktlich gegen 17.00 Uhr an.

Als die Switzerland nahe der Kennedybrücke festgemacht hatte, verließen auch schon die ersten Passagiere das Schiff. Es handelte sich um jene, die den Ausflug "Auf Beethovens Spuren gebucht" hatten. Denn die frühere Bundeshauptstadt Bonn (von 1949 - 1990), die heute eine so genannte Bundesstadt ist und mit ihren mehr als 322.000 Einwohnern zu den 20 größten Städten Deutschlands zählt, ist auch die Geburtsstadt von Ludwig van Beethoven. Hier erblickte 1770 das Licht der Welt. Wir wollten den Tag ruhig ausklingen lassen und hatten daher keinen ausgiebigen Sightseeing-Rundgang geplant. Wir gingen erst gegen 17.45 Uhr von Bord, schlenderten zunächst an der Uferpromenade entlang, kamen hier an der Oper vorbei und gingen anschließend rechts Richtung Altstadt. Wir sahen das Alte Rathaus, das Beethoven-Denkmal, das mittlerweile renoviert wird, das Sterntor und natürlich das geschäftige Treiben bei jetzt sehr angenehmen sommerlichen Temperaturen.

Nachdem wir eine gute Stunde unterwegs waren, machten wir uns auf den Rückweg. Meine Frau war immer noch etwas geschwächt und wir mussten heute ja noch unsere Koffer packen. Kurz vor 19.00 Uhr erreichten wir die Anlegestelle, anschließend ging es zum letzten Abendessen in das Restaurant, wo mir heute ein schmackhafter Sauerbraten serviert wurde.

Dann ging es zurück auf unsere Kabine, wo wir neben den Ausschiffungsinformationen auch noch eine Überraschung von Tatjana vorfanden. Wir trauten unseren Augen kaum. In einem kunstvoll zusammengelegten Handtuch fanden wir jede Menge Schokoladenherzen, von denen wir immer eines als Betthupferl bekommen haben. Aber weil es meiner Frau so schlecht ging, wollte sie ihr noch eine "kleine" Freude machen. Über diese außergewöhnliche Geste haben wir uns wirklich riesig gefreut und uns entsprechend bei unserer Cabinstewardess bedankt. Das sind Erinnerungen, die man nicht vergisst.

Das Kofferpacken war schneller erledigt als gedacht und so blieb noch etwas Zeit, um diesen letzten Ausflugstag Revue passieren zu lassen. Morgen mussten wir Abschied nehmen von der Switzerland und der "Rhein-Neckar-Sinfonie", deren Melodien sicher noch lange nachklingen werden.

 

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