Donnerstag, 5. Juli 2012 (Tag 8)

Tagesziel: Skjolden, gefahrene Kilometer Flam - Skjolden: 215, Preis für Übernachtung: 31,00 Euro inkl. Strom

 

 

 

Wieder verließen wir einen Campingplatz, auf dem wir uns wohlgefühlt haben. Auch wenn die Fahrt mit der Flamsbana unsere Erwartungen nicht ganz getroffen hat, war es doch schön in der Kommune Aurland. Wir haben auch gar keine Zeit zurückzuschauen, das nächste Ziel wartet: Europas größter Festlandsgletscher, der Jostedalsbreen, von dessen Plateau sage und schreibe 28 Gletscherzungen talwärts gleiten. Wir wollen die am leichtesten zugängliche erkunden, den Nigardsbreen.

Aber noch ist es nicht so weit. Zunächst durchfahren wir ein drittes Mal den längsten Tunnel der Welt. Auch jetzt ziehen uns die speziell beleuchteten Berghallen mit den magischen Farbgestaltungen wieder in ihren Bann. Nach der Tunnelausfahrt biegen wir aber diesmal nicht nach rechts ab sondern nach links, wir verlassen die E 13 und folgen der Straße Nr. 5 Richtung Fodnes. Dort fuhren wir auf die Fähre nach Manheller (Kosten: 13,00 Euro).

Von Manheller ist es nur noch ein Katzensprung bis Kaupanger. Hier wartet die nächste Stabkirche. Den Eintrittspreis sparten wir uns und begnügten uns stattdessen mit den ohnehin interessanteren Außenaufnahmen. Nebenbei bemerkt: auch die Eintrittspreise bei den Stabkirchen wurden im Vergleich zu 2009 drastisch erhöht, zum Teil um das Doppelte.

Die Stabkirche in Kaupanger wurde im so genannten Borgund-Stil gebaut, das heißt, dass sowohl das Schiff als auch der Chor über einen angehobenen Mittelplatz verfügen. Erbaut wurde die Kirche im 12. Jahrhundert, in den Jahren zwischen 1960 und 1970 erfolgte eine Restaurierung des Inventars in den ursprünglichen Stil. Sehr schön auch wieder der Friedhof mit zum Teil sehr alten Grabstätten. Das Kreuz rechts oben stammt z.B. aus dem 18. Jahrhundert. In den ersten Tagen unserer Reise haben wir uns schon zu wahren Stabkirchen-Experten entwickelt. Dabei steht heute noch eine weitere dieser seltenen Exemplare auf der Agenda.

Der verästelte Sognefjord macht uns die Anfahrt nach Urnes nicht gerade leicht. Wir müssen mit einer weiteren Fähre übersetzen. Zunächst ging es mit dem Auto von Kaupanger nach Sogndal und von dort Richtung Solvorn. In Solvorn angekommen beobachten wir zunächst wie die Fähre anlegt und stellen dann besorgt fest, dass sie verdammt klein ist und die paar Autos auch noch rückwärts auf das wacklige Teil fahren. Bevor wir uns diesem unsicheren Experiment anschließen, besprechen wir das zunächst mit der freundlichen Fahrkartenverkäuferin. Sie rät uns, das Womo hier stehen zu lassen, denn von Urnes müsse man ohnehin wieder zurück fahren, weil es von drüben nicht mehr weiter geht. Das Wohnmobil können wir in einem abgesperrten Parkplatz zurück lassen. Außerdem kostet der Spaß für zwei Fußgänger auch weniger. Wir zahlen also 17,30 Euro und freuen uns über so viel zuvorkommende Behandlung. Hier lacht sogar die Sonne!

Die beiden Bilder zeigen Solvorn, während wir uns auf der Überfahrt nach Urnes befinden. Die Stabkirchen lassen uns einfach nicht los und jetzt sind wir auf dem Weg zu einem ganz besonderen Exemplar: der ältesten noch erhaltenen Stabkirche, die gegen 1140 erbaut worden sein soll. Da das kleine Kirchlein ca. 50 Meter über dem Meer liegt, etwa zwei Kilometer vom Fähranleger entfernt und es zwar langsam aber stetig bergauf geht, sollte man einigermaßen gut zu Fuß sein. Viel Zeit bleibt nämlich nicht, will man die Fähre zurück nach Solvorn pünktlich erreichen. Der Weg zur Kirche zieht sich ganz schön hin und Sonja kämpft auch mit der Wärme. Zwischendurch bleiben wir immer wieder kurz stehen, auch um die örtlichen architektonischen Ausreißer zu bewundern.

Die Norweger mögen ja Weltmeister im Tunnelbau sein, aber von einem ordentlichen Fundament scheinen sie eher nicht so viel zu halten! Dann bekamen wir die Stabkirche, die am Lusterfjord liegt, endlich zu Gesicht. Die Kirche wurde 1979 in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Wir hatten wieder Glück, es waren nur wenige Besucher vor Ort und wir konnten nach Lust und Laune fotografieren.

 

Urnes ist nicht nur für seine Schnitzkunst berühmt sondern auch für seine Wandplanken, den Altar und das großartige Kreuz. All das macht die Stabkirche zu Urnes zu einem einzigartigen Kunstwerk. Die folgende Fotoshow zeigt noch einige Bilder der ältesten erhaltenen Stabkirche.

Der Abstecher nach Urnes tat unserer Seele sehr gut. Je weiter wir nach Norden fuhren, umso besser wurde das Wetter, die blauen Stellen am Firmament nahmen zu. Vermutlich war das darauf zurückzuführen, dass wir in den letzten Tagen so oft persönlich beim lieben Gott in den "Pagoden des Nordens" vorgesprochen hatten. Eine interessante Seite für alle, die sich ebenfalls in die Stabkirchen verliebt haben, ist das englischsprachige Angebot von www.stavechurch.com.

Jetzt war es aber Zeit, diesen schönen Ort zu verlassen. Die Fähre war schon wieder auf dem Weg zur Anlegestelle und die ca. zwei Kilometer lange Strecke musste noch bewältigt werden. Das ging bergab zu Fuß glücklicherweise deutlich schneller als umgekehrt.

 

Wir genossen die Fährüberfahrt nach Solvorn und freuten uns auf das nächste Highlight, den größten europäischen Festlandgletscher. Der Josetaldsbreen hat enorme Ausmaße: 500 Quadratkilometer bedeckt die gigantische Eismasse im gleichnamigen Nationalpark. 

Bis wir das Eisblau des Gletschers bewundern konnten, galt es aber 50 zum Teil holprige Kilometer zurückzulegen. Von Solvorn ging es zunächst nach Gaupne. Hier wurde die Straße dann schmaler, das sollte bis zur Zielankunft so bleiben. Begleitet wurden wir dabei von einem schäumenden Fluss, dessen unheimlich grün schimmernde Farbe vom Gletscherwasser herrührte. Der Jostedalsbreen verfügt über ein weit verzweigtes System von Nebenarmen, den so genannten "Zungen". Wir waren auf dem Weg zum Nigardsbreen, der am leichtesten zugänglichen Gletscherzunge. 

Der Parkplatz am Gletscher war gebührenfrei, aber die Zufahrt kostete 30 Kronen. Das waren bis jetzt überschaubare Ausgaben. Belohnt wurden wir schon hier mit großartigen Aussichten. Schon von weitem wirkte der Nigardsbreen majestätisch.

Bereits an dieser Stelle vollführt das Herz wahre Jubelsprünge. Vergleichbares hatten wir bis dahin noch nicht sehen dürfen. Die anschließende Bootsfahrt steigerte die Erwartungshaltung dann noch, zumal auch dieser praktische Bring- und Holdienst zu einem Preis von 40 Kronen pro Person für die Hin- und Rückfahrt für norwegische Verhältnsse ausgesprochen preiswert war. In 2012 verkehrte das kleine Boot, die Jostedalsrypa, zwischen dem 9. Juni und 9. September täglich von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr. 

Nach der kurzen aber unterhaltsamen Bootsfahrt müssen wir die restliche Strecke zu Fuß bewältigen. Gutes Schuhwerk sollte obligatorisch sein, denn je nach Wetterlage kann es schon vorkommen, dass man nicht nur über Stock und Stein, sondern auch durch kleinere Rinnsale gehen muss. Die Gefahr auf einem glatten Stein auszurutschen ist immer gegeben, also bitte Vorsicht walten lassen! Und hin und wieder sind auch große Brocken aus dem Weg zu räumen, wie das folgende Bild eindrucksvoll beweist: 

Unser Weg führt immer am Wasser entlang, dessen grüner Schimmer den Betrachter verzaubert. Im Gegenlicht glitzern die blank geputzten Felsen und Rinnsale von Schmelzwassern huschen eilig nach unten. Dann kommen wir zu einer Holzbrücke, die einen unkomplizierteren Zugang zum Gletscher ermöglicht. Jetzt sind wir dem Eisriesen schon ganz nah.

Und dann haben wir es (fast) geschafft. Wir stehen endlich vor ihm, diesem blau schimmernden Giganten. Eine letzte kleine Senke wäre noch zu durchqueren. Aber im letzten Moment brauen sich über uns merkwürdige Wolkengebilde zusammen, so dass wir uns zum Rückzug entschließen. Trotzdem ist das, was unseren Augen geboten wird, immer noch beeindruckend genug.

Wir können uns nur schwer los reißen von diesem grandiosen Eis- und Farbenmeer, das die Sinne betört. Aber wir trauen dem (himmlischen) Frieden über uns nicht so recht, außerdem müssen wir noch einen Campingplatz suchen. So schlendern wir denn den Fußweg am 1,5 Kilometer langen Gletschersee zurück, vorbei an Eisbrocken, die an das Ufer gespült wurden oder an Pflanzen, die an Baumwolle erinnern.

Als wir den Anlegeplatz des Zubringerbootes erreichten, warteten auch andere Gletscherwanderer auf den schwimmenden Untersatz. Als Einzelreisender muss man hier warten, denn Reisegruppen, die geführte Wanderungen bezahlt haben, haben Vorrang. Aber die Wartezeiten sind überschaubar und so fanden auch wir schließlich unser Plätzchen auf dem weißen Motorboot, das uns zum Parkplatz zurück brachte.

Mit einem Rucksack voller Erinnerungen und vielen Fotos machen wir uns auf die Rückfahrt vom Nigardsbreen auf der 604 nach Gaupne, dort bogen wir links ab Richtung Luster am Lustrafjord. Schließlich erreichten wir Skjolden und fuhren den dortigen Campingplatz "Nymoen Leirplass" an.

Passend zu diesem herrlichen Tag genossen wir auch hier wieder tolle Aussichten am Lustrafjord, der 42 Kilometer lang und ein Seitenarm des Sognefjords ist. Unser Stellplatz war einmal mehr grandios, hatten wir doch einen herrlichen Blick auf den gegenüber liegenden Feigumfossen, der mit 218 Metern eine imposante Fallhöhe vorweisen kann.

Bei diesen Aussichten schmeckten die Ravioli gleich doppelt so gut und der Abschied vom Sognefjord mit seinen zahlreichen Attraktionen fiel etwas leichter. Morgen stand die Fahrt über das Sognefjell auf dem Programm und auch den Geiranger-Fjord würden wir wiedersehen. Wenn Sie uns dorthin begleiten wollen, klicken Sie auf den entsprechenden Link.

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