Donnerstag, 19. Juli 2018 (Honningsvag, Norwegen)

Die Artania hatte um etwa 2.00 Uhr in der Nacht die Bäreninsel passiert. Davon haben wir allerdings nichts mitbekommen, um diese Zeit lagen wir in unseren Betten und träumten vermutlich von der tollen ABBA-Show von gestern Abend. Glücklicherweise waren auch keine Arbeiter zu Gange, die zwischen drei und vier Uhr vor unserem Fenster das Deck schrubben und die Ablaufrinnen reinigen. Offensichtlich hatte unsere Beschwerde diesbezüglich nun endlich Wirkung gezeigt.

Da wir Honningsvag erst gegen 20.00 Uhr erreichen würden hatten wir sozusagen einen weiteren Seetag vor uns. Der kam mir wieder entgegen, konnte ich doch weiter an meinem Reisebericht schreiben. Eine Aussage des Kapitäns ließ uns dann aber doch aufhorchen, er sprach nämlich von einer Überraschung, die wir zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr erleben würden. Wir waren natürlich gespannt, was uns da erwarten würde.

Bis dahin blieb aber noch genügend Zeit, um sich um andere Dinge zu kümmern. So gingen wir z.B. zum Fotoshop, um evtl. vorhandene neue Bilder im Aushang anzusehen. Mittlerweile waren wir den Jungs dort schon bekannt und man drückte uns die Fotos gleich in die Hand, so dass wir nur noch eine Auswahl treffen mussten. Denn auch wenn die Fotos deutlich günstiger sind als etwa bei Costa, hat man die Preise im Vergleich zum letzten Jahr (wie übrigen auch bei den Getränken!) erhöht. So schlägt beispielsweise ein Gangwayfoto mit 6,99 Euro zu Buche, dazu gibt’s dann aber noch eine Postkarte, was auch ganz praktisch ist.

Nach dem Mittagessen suchten wir uns ein Plätzchen auf dem Sonnendeck (Deck 9). Liegestühle gab es reichlich, lediglich der Service mit den Decken war etwas unbefriedigend. Das fiel uns schon vor ein paar Tagen auf. Decken waren oben entweder zu wenig oder gar nicht erst vorhanden. Diesmal nahmen wir sie von der Phoenix-Lounge auf dem Saturndeck (Deck 4) mit. Die Suche nach Decken nutzte ich auch, um ein paar Bilder zu machen.

Die „Überraschung“ wurde uns dann auch noch mitgeteilt. Kapitän Hansen würde die Artania zum Nordkapfelsen steuern, so dass wir die Mystik, die vom Nordkap ausgeht, auch einmal von der Seeseite aus in uns aufsaugen konnten. Das Wetter hätte besser nicht sein können und so machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Plätzchen. Wir entschieden uns für das Saturndeck, hier auf der Steuerbordseite sahen wir den Felsen langsam auf uns zukommen. Konstantin Patschke, der Assistent des Kreuzfahrtdirektors, der in Longyearbyen an Bord gekommen war, erzählte uns in seiner humorvoll verschmitzten Art davon, dass wir heute gleich zwei Nordkapfelsen bestaunen könnten, nämlich den falschen und den echten. Nun ja, die Nordlandfahrer wissen natürlich, dass der nördlichste Punkt tatsächlich nicht an dem offiziell als Nordkap bekannten Breitengrad liegt, sondern am Knivskjelodden, der sogar satte 1,5 Kilometer nördlicher liegt, aber als nicht massentauglich erschien und so sehen wir den berühmten Globus heute dort wo er steht.

Und auch wenn der Globus für unsere Fotoobjektive ein wenig weit weg war, sehen konnten wir ihn trotzdem und es war schon eine besondere Annäherung. Beobachtet wurden wir dabei übrigens auch von der norwegischen Küstenwache, die darauf achtete, dass etwa nicht verbotenerweise das Typhon betätigt wird. Aber das machte unser Kapitän ohnehin nicht, er ist schließlich Norweger und kennt sich hier oben bestens aus. Langsam glitt die Artania am Nordkapfelsen vorbei und dann sahen wir auch schon das „Nashorn“, ein Felszacken, der, einem Nashorn gleich, aus dem Hauptfelsen ragt. Ein schönes Bild!

Es ging bei weiterhin ruhigem Fahrwasser langsam aber sicher auf Honningsvag zu. Zum Abendessen gönnte ich mir eine Schweinshaxe, die mit einer schönen reschen Kruste glänzte, dann kam auch schon Honningsvag in Sicht. MS Artania hatte seit der Abfahrt in Longyearbyen mittlerweile 609 Seemeilen zurückgelegt. Die nördlichste Stadt Europas mit ihren rund 3.500 Einwohnern erstrahlte im schönsten Sonnenlicht. Die Vorhersage für heute mit Temperaturen über der 20-Grad-Marke war dermaßen ungewöhnlich, dass man es im Bild festhalten musste, um es zu belegen.

Derart vom Licht umschmeichelt haben wir die eher unscheinbare Stadt bei unseren Besuchen in der Vergangenheit noch nicht erlebt. Heute gefiel uns die größte Fischereisiedlung der West-Finnmark ausgesprochen gut. Ein Einheimischer nutzte die Ankunft von MS Artania, um sich und sein schnelles Boot in Szene zu setzen.

Auch die  Mein Schiff 5 war schon vor uns und das ließ für den Besuch am Nordkap ein entsprechendes Besucheraufkommen erwarten. Aber zunächst erfreuten wir uns einfach an den schönen Aussichten, die uns Honningsvag bot.

Wir beobachteten das Anlegemanöver, das uns ziemlich anspruchsvoll erschien, weil Kapitän Hansen das Schiff auf eine Stelle zusteuern musste, die auf der Backbordseite und von vorne begrenzt war.

Es dauere zwar etwas länger als üblich, aber schließlich war die Artania fest vertäut und wir gingen von Bord, um in dem unmittelbar am Hafen befindlichen Souvenirladen ein ganz bestimmtes Norwegenbuch zu suchen, das wir aber leider nicht fanden. Immerhin stand der bekannte Riesentroll immer noch an der üblichen Stelle und erwartete Touristen aus aller Herren Länder.

Den Souvenirkauf verschoben wir und hofften, im besser sortierten Laden in den Nordkaphallen fündig zu werden. Unsere Gruppe durfte erst mit dem zweiten Schwung hochfahren, die anderen konnten ihren Ausflug bereits um 20.00 Uhr beginnen. Laut Auskunft einer Phoenix-Reiseleiterin wäre das von einer Agentur nach dem Zufallsprinzip festgelegt worden. Den Lauf der Wolken beobachteten wir jedenfalls mit etwa Skepsis, die leider gerechtfertigt war.

Als wir gegen 21.45 Uhr in den Bus Nr. 14 stiegen, es war der erste der späten Gruppe, dauerte es nicht lange bis wir von der Sonne nichts mehr sahen. Die Fahrt zum Nordkap erlebten wir wie eine Art Lotteriespiel. Je nachdem in welche Richtung man blickte sah man vielleicht Berge, Himmel und Wasser oder eben … nichts. Als wir kurz vor halb elf Uhr Nachts am mit Bussen und Wohnmobilen prall gefüllten Parkplatz ankamen, verloren wir keine Zeit. Die Gegebenheiten hier oben kannten wir bestens, wir gingen durch den Haupteingang, beschleunigten unsere Schritte durch die Nordkaphallen und dann sahen wir ihn auch schon, diesen Sehnsuchtspunkt des Nordkaps: den Globus. Noch war er zu sehen, wenngleich die Sonnenkugel schon schwer gegen die Wolken zu kämpfen hatte. Immerhin reichte es für einige brauchbare Bilder, bevor wie aus dem Nichts Nebelschwaden, wie von Geisterhand gesteuert, in Sekunden nach oben schnellten, da war es etwa 23.15 Uhr. Die Besucher, die nach uns kamen, hatten wirklich Pech, insofern gab es also keinen Grund zu lamentieren. Zwar erlebten wir nicht den erhofften „Tanz der Sonne am Horizont um Mitternacht“, aber immerhin war der Nordkap-Globus noch kurz angestrahlt.

Für uns blieb noch genügend Zeit, um im Souvenirshop nach unserem Norwegenbuch zu suchen. Auch hier leider Fehlanzeige, so dass wir uns kurzerhand einen anderen Bildband kauften.

Für einige Minuten gingen wir dann erneut hinaus auf das Plateau. Denn auch wenn sich die Sonne rarmachte, gab es Futter für die Freunde von bizarren Wolkengebilden. Mal sahen sie aus wie Trutzburgen aus dem Herrn der Ringe, ein anderes Mal wähnte man sich vor einem Wasserfall, so elegante Schwingungen zeichneten sich vor unseren Augen ab.

Die Sonne hatte sich nun endgültig verabschiedet. Draußen auf dem Plateau verschwanden nicht nur die Besucher sondern auch der Nordkap-Globus in der Nebelsuppe.

Kurz nach Mitternacht fuhren wir dann mit dem Bus wieder zurück nach Honningsvag. Auf dem Weg dorthin kamen wir immerhin noch in den Genuss einiger Abendstimmungen.

Es war mittlerweile 1.00 Uhr und wir hatten auch keine Lust mehr auf Gulaschsuppe und anderes, was heute noch bis spät in die Nacht angeboten wurde. Der Tag war verdammt lang und wir waren erschlagen von den Eindrücken, die Honningsvag und das Nordkap für uns bereithielen. Da wir Tromsö erst gegen 13.00 Uhr erreichen würden, konnten wir wieder ausschlafen.

 

Start Reisebericht Tromsö Spitzbergen

 

Mit einem Foto, das uns am Nordkap-Globus stehend zeigt, verabschieden wir uns aus Honningsvag.

 

 


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