Sonntag, 11. September 2011

Obwohl die Wettervorhersage im "Today" nicht so vielversprechend war, sollte es ein wirklich strahlender Sonntag werden. Die ersten vorsichtigen Blicke aus unserer Balkonkabine bestätigten das, was sich beim Abschied aus Lissabon schon angedeutet hatte. Endlich korrespondierten die Farben des Himmels und des Meeres. Einheitliches Blau strahlte uns entgegen. Die Sonnenstrahlen wärmen nicht nur den Körper, sondern auch das Herz und die Seele. Heute konnten wir es etwas ruhiger angehen lassen als in den Vortagen. Einen Ausflug hatten wir nicht gebucht und weil es vom Schiff bis in die Altstadt von Cadiz nur ein paar Minuten sind, konnten wir erst einmal gemütlich im Tiziano frühstücken. Vorher wurden aber noch die ersten Fotos von der Balkonkabine aus geschossen.

Das sah schon recht vielversprechend aus und mit dieser Vorfreude schmeckte das Frühstück gleich noch viel besser. Bis 19.00 Uhr würde die Costa Atlantica hier vor Anker liegen, Zeit genug also um sich Cadiz etwas genauer anzuschauen. Im Vorfeld hatten wir uns lediglich auf das Lesen des einen oder anderen Reiseberichts beschränkt. Da wir wussten, dass die Stadt mühelos zu Fuß vom Hafen aus erreicht werden konnte, schienen uns diese Überlegungen auch naheliegend. Rückblickend betrachtet war diese Vorgehensweise völlig in Ordnung.

Gegen 9.30 Uhr verliessen wir das Schiff und folgten den wegweisenden Kuppeln der Kathedrale von Cadiz. Eine derart große Kirche würde man in einer Stadt, die etwa 135.000 Menschen zählt, gar nicht vermuten. Aber die Stadt bietet noch viel mehr Überraschungen. So haben wir mittlerweile gelernt, dass Cadiz die älteste Stadt Europas ist, die etwa um 1.100 v.Chr. von den Phöniziern gegründet wurde. An einigen Stellen sieht man ihr das Alter auch an, wenngleich die Bemühungen der Stadtväter, der "Geliebten des Windes", wie Cadiz u.a. auch genannt wird, ein freundlicheres Aussehen angedeihen zu lassen, schon Früchte tragen. Im Jahr 2012 feiert Cadiz nämlich den 200. Geburtstag der ersten europäischen Verfassung. Grund genug, um die Iberoamerikanische Kulturhauptstadt 2012 einem Faceliftiung zu unterziehen. 

Aber, seien wir ehrlich, wer ist schon an kalten, sterilen Neubauten interessiert? Den Reiz von Cadiz machen nicht zuletzt sein beinahe undurchdringliches und unüberschaubares Gewirr von Gassen und Gässchen aus. Und durch die wollten wir uns jetzt treiben lassen. Die Plaza des Espana lassen wir rechts liegen, aber hier in der Nähe des Hafens gibt es auch lohnende Motive für ein schönes Foto.

Auch wenn wir die Costa Atlantica derzeit zwangsläufig ziemlich häufig zu Gesicht bekommen, freuen wir uns immer wieder, wenn man sie auch mal in einer abwechslungsreichen Umgebung, z.B. zwischen Palmen, ablichten kann. Hier verlassen wir das offene Gelände und begeben uns in das Gassengewirr von Cadiz. Da heute Sonntag ist, haben die Geschäfte geschlossen, nicht jedoch Cafes und Restaurants. Gleich bei der ersten Konditorei bleiben wir hängen und bewundern das herrliche Gebäck in den Auslagen. Bei der Bewunderung bleibt es allerdings nicht und wir erstehen zwei süße Teilchen, Sightseeing macht bekanntlich hungrig. Außerdem erspähen wir in einem Schaukasten noch Schneekugeln. Vor der Reise hatten wir unserem Sohn versprochen, von allen Häfen, in denen wir anlegen, diese durchsichtigen Dinger mitzubringen. Das war manchmal einigermaßen zeitaufreibend. Heute hatten wir Glück und nutzten sofort die Gunst der Stunde. 

Die Gassen zeigten sich aufgeräumt und zwar in jeder Beziehung, auch die Touristen hielten sich in Grenzen. Das ist der Vorteil, wenn man zu vergleichsweise früher Stunde unterwegs ist. Wir setzten daher unseren Weg in Richtung Kathedrale fort und stehen nur wenig später an der Plaza de la Catedral. Zu rechter Hand sehen wir die kleine Iglesia de Santiago, die ein schöner Blickfang ist. Dann widmen wir uns aber der sicher bedeutendsten Sehenswürdigkeit, die Cadiz zu bieten hat, der Catedral Nueva.

Die Außenansichten der Kirche, mit deren Bau im Jahr 1722 begonnen und die erst im Jahr 1838 eingeweiht wurde, waren schon ziemlich beeindruckend. Da die Bauzeit 116 Jahre betrug, wird auch verständlich, weshalb unterschiedliche Baustile auftauchen, in erster Linie sieht man Elemente aus dem Barock, dem Rokoko und dem Neoklassizismus. Die Kathedrale ist wie ein lateinisches Kreuz, bestehend aus drei Schiffen, aufgebaut.

Hauptaltar und Chor sind gleichermaßen beeindruckend und wir genießen die (noch) vorherrschende Ruhe. Unter dem Hauptaltar befindet sich die Krypta, in der u.a. der spanische Komponist Manuel de Falla seine letzte Ruhestätte fand.

Einen Spaziergang zum Torre Tavira hatten wir zwischenzeitlich verworfen, weil die Quecksilbersäule unerbittlich nach oben kletterte. Wir beschlossen daher, der Kathedrale "auf's Dach zu steigen". Die Türme der Kathedrale, genauer gesagt der Westturm mit seinen 74 Metern Höhe, bieten ideale Aussichtsmöglichkeiten. Der Eintritt betrug gerade mal 4,00 Euro, eine überschaubare und lohnende Ausgabe. Die "Torre de Poniente" verfügen ebenfalls über eine architektonische Besonderheit. Man muss nicht mühsam über Treppen hochsteigen, sondern kann vergleichsweise bequem auf einem gepflasterten ansteigenden Weg nach oben gelangen. Dies war wohl dem Umstand geschuldet, dass in dem mächtigen Bau auch Lagergewölbe versteckt sind, die in früheren Zeiten entsprechend genutzt worden sind.

Als wir oben ankamen, waren wir froh, dass der Atlantik eine kleine milde Brise herüber wehte. Im Aufgang war es doch stickig und allmählich kamen auch immer mehr Touristen, die dieselbe Idee hatten wie wir. Zufällig erspähten wir das tiefe Blau des Himmels gerade zu dem Zeitpunkt, da sich wieder das deutsche Tonband einschaltete. Etwa alle 15 Minuten erhält man hier in verschiedenen Sprachen Infos zu den Sehenswürdigkeiten im Blickfeld der Kathedrale. Uns reichten aber die herrlichen Aussichten an diesem grandiosen Sommertag.

Allein diese Ausblicke entschädigten für die (kleine) Mühsal des Aufstiegs. Wenn man hier oben den Blick in die Ferne schweifen lässt, gewinnt man den Eindruck, dass Cadiz fast vollständig von Wasser umgeben ist. Und dieser Eindruck täuscht nicht, denn die Stadt liegt auf einer Halbinsel, so dass die Gebäude permanent den Gewalten der Natur ausgesetzt sind. Wir hatten es an diesem Tag nur mit der Sonne zu tun, aber auch davor sollte man sich in diesen Gefilden mit einer Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor wappnen.

Wir ließen die Szenerie noch einige Augenblicke auf uns wirken und machten uns dann auf den Weg nach unten. Die Kirche war jetzt mehr als gut besucht, so dass es keinen Grund mehr gab, länger zu bleiben. Draußen auf der Plaza kauften wir uns ein Eis "to go" und schlenderten gemächlich Richtung Hafen.

Ein Bummel durch die einigermaßen kühlen Gassen von Cadiz beschert immer wieder interessante Motive. Allerdings wurde es jetzt von Minute zu Minute heißer, so dass wir überlegten, vorzeitig aufs Schiff zurückzukehren. Vorher wollten wir aber noch der kleinen Kirche "Iglesia de Santo Domingo" an der "Cuesta de las Calesas" einen Besuch abstatten.

Hier begeisterte uns vor allem die Farbenpracht der Altäre und ... die niedrige Temperatur, die Gelegenheit zur Abkühlung bot. Spätestens jetzt hatten wir genug gesehen. Für einen ersten Besuch in Cadiz sollten diese Eindrücke reichen. Vor der Kirche standen noch ein paar Bronze-Figuren herum, die darauf warteten, zusammen mit meiner Frau fotografiert zu werden.

Von dieser Stelle hat man den Hafen schon im Blick und so steuerten wir ohne Umweg auf die Costa Atlantica zu. Dabei kamen wir u.a. noch am Rathaus vorbei, das den guten Eindruck, den wir von Cadiz gewonnen hatten, nur bestätigte.

So kamen wir pünktlich zum Mittagessen wieder zurück. Die drei Stunden hatten uns heute genügt, wir wollten die Ruhe auf dem Schiff genießen. Wenn die Mehrzahl der Passagiere an Land ist, sollte man das auch nutzen. Wir gingen daher zunächst ins Botticelli, um unseren Hunger zu stillen, anschließend suchten wir uns ein sonniges Plätzchen auf dem Sonnendeck und ließen es uns einfach nur gut gehen. Hin und wieder ein Kuchen und ein Tässchen Kaffee, Touristenherz, was willst du mehr!

Im Restaurant Tiziano war das Motto "Italienischer Abend". Die Costa-Profis wissen natürlich, was das bedeutet: die Waiter tragen ihre Schürzen mit dem italienischen Stiefel, das Weißbrot wird in den Nationalfarben gereicht, die (meisten) Passagiere, insbesondere die italienischen, reihen sich in die Polonaise ein und das Tanzbein darf auch geschwungen werden. Für uns ist das immer ein Riesenspaß, ob er das für die gestressten Waiter auch ist, sei einmal dahin gestellt. Aber natürlich gibt es auch immer wieder überraschte, genervte, unverständige, ja vorwurfsvolle Blicke von vorzugsweise deutschen Gästen, die für diese Art Unterhaltung wenig bis kein Verständnis aufbringen. Letztere Spezies ignoriere ich, so gut ich kann. Meistens klappt das auch. Jedenfalls waren Essen und Stimmung gut und belegen kann ich das natürlich auch.

Italienisch ging es dann im Therater Caruso weiter. Für diesen Abend war "Das überraschende Talent des Mike Pidone" angekündigt. Nun ist mit diesen vollmundigen Beschreibungen im Einzelfall durchaus vorsichtig umzugehen, aber gespannt waren wir nach den bisherigen Auftritten der Künstler natürlich trotzdem. Dieser Mike Pidone stellte sich denn auch als ausgesprochen stimmgewaltiger Sänger, Pianist und Entertainer heraus, der mit einer tollen Tenor-Stimme glänzte. Er verband seine musikalischen Darbietungen immer mit kleinen Anekdoten aus seiner beeindruckenden Vita. So arbeitete er u.a. als Arrangeur für Drafi Deutscher, heute lebt er auf Sizilien und kommt hin und wieder auf ein Kreuzfahrtschiff. Uns hat er jedenfalls glänzend unterhalten und sein Auftritt war der gelungene Abschluss eines erneut sehr schönen Tages.

Noch mehr Bilder von Cadiz gibt es im folgenden Fotoalbum:

Cadiz

Das Ende der Kreuzfahrt rückte nun unaufhaltsam näher. Man ist dann versucht, die kostbaren Augenblicke des Glücks irgendwie festzuhalten, manchmal klappt das und man kann sie in seine Träume hinüber retten. Eigentlich hatte ich mir ja für diese Kreuzfahrt vorgenommen, wach zu bleiben, um die Durchfahrt durch die Straße von Gibraltar mitzuerleben. Aber das Schlafbedürfnis war wieder einmal stärker und so lagen wir gegen 23.00 Uhr in den Federn. Die folgenden zwei Tage wollten wir noch in vollen Zügen genießen und das "Today" machte uns dafür schon große Versprechungen. Die Vorzeichen standen auf "Blau" - ohne Einschränkungen, keine Regentropfen, nur Sonne und blauer Himmel satt.

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