Agadir, 3. Nov. 2008

Nachdem wir Casablanca verlassen hatten, setzte die Victoria ihre Fahrt Richtung Süden fort. Unser nächstes Ziel war Agadir, das wir am 3. November 2008 gegen 14.00 Uhr anlaufen sollten. Über Agadir wussten wir nicht sehr viel. Auch hier hatte ich mich im Kreuzfahrt-Forum ausführlich erkundigt. Die unterschiedlichsten Tipps wurden ausgetauscht und von einem erfahrenen Kreuzfahrer erhielt ich dann die Information, doch einen Ausflug nach Taroudannt zu unternehmen. Diese ca. 70.000 Einwohner zählende Stadt befindet sich auf gleicher Höhe wie Agadir und man muss etwa eine Stunde Busfahrt einkalkulieren. Vielen Kreuzfahrern vor uns schien der Zeitaufwand dafür zu hoch, aber da wir keine Lust hatten, in der einst von einem Erdbeben zerstörten und lieblos wieder aufgebauten Stadt Agadir herum zu schlendern, entschlossen wir uns, diesem Vorschlag zu folgen.

In Agadir lagen wir nur für ca. 5 Stunden (von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr) vor Anker. Aber diesmal präsentierte sich das Wetter endlich so, wie wir es uns erhofft hatten: sonnig! Da sah selbst ein ansonsten trübes Hafengelände freundlich aus, zumal auch noch die "Sea Cloud" gegenüber von uns angelegt hatte (ein Bild dazu gibt's in der Fotoshow!). Als wir von ca. 60m Höhe von der Victoria nach unten sahen, konnte man unschwer die "Busparade" erkennen, aber auch eine namhafte Anzahl von roten und weißen Taxen waren natürlich vor Ort. Wir hatten uns jedoch erneut für die "Costa"-Variante entschieden und bezahlten die dafür geforderten 42,00 Euro gerne, weil wir uns einfach gut aufgehoben wussten.

Wieder stiegen zwei Reiseleiter zu uns in den Bus, diesmal war der zweite Mann jedoch für die "Englisch-sprechende" Gruppe zuständig. Dies störte uns allerdings nicht weiter, denn die beiden Guides waren erfahren und hielten ihre Vorträge so routiniert, dass es nicht weiter auffiel, wenn für zwei Minuten mal der Partner dran war. Allerdings glaubte ein Teil der "Engländer", dass für sie ein anderer Fahrplan gelte, drei Teilnehmer ließen doch glatt 15 MInuten auf sich warten und ignorierten unsere strafenden Blicke tapfer.

Unser Ausflugsziel lag ca. 80km von Agadir entfernt, was etwa 75 Minuten Busfahrt bedeutete. Die Gegend um Agadir ist nun auch nicht gerade besonders aufregend. Es ist staubig, trocken und öde. So wie die Architektur. Man sieht viele halbfertige oder sollte man sagen halbverfallene Häuser. Einfach gebaut, zum Teil ohne Fenster und vielfach nicht verputzt. Oft kann man auch gar nicht erkennen, ob die Häuser bewohnt oder verlassen sind. Manchmal kann man es erahnen, denn auch Satellitenschüsseln sind in Marokko nicht unbekannt. Neben der Architektur waren aber vor allem die Zitrusplantagen und die Gemüsefelder ein Blickfang, von denen es auf dem Weg von Agadir nach Taroudannt jede Menge gab. Darüber hinaus wachsen in der Sous-Ebene, übrigens einer der fruchtbarsten Gegenden Marokkos, Arganienbäume. Interessanterweise sieht man diese Bäume weltweit nur in diesem Landstrich Marokkos. Das wäre auch nicht weiter aufregend, wenn in diesen Bäumen nicht immer wieder Ziegen, ja Sie lesen richtig, herum klettern würden. Den Beweis gibt's hier:

Selbstverständlich hielt der Busfahrer auch an, um uns einige Schnappschüsse von auf den Bäumen kraxelnden Ziegen zu ermöglichen. Davon haben wir reichlich und gerne Gebrauch gemacht. Von den Früchten des Arganienbaumes, der ob seiner Anziehungskraft für die bestimmte Tierart auch "Ziegenbaum" genannt wird, wird ein Öl gewonnen, dem man mannigfaltige Heilwirkungen, u.a. gegen Rheuma, nachsagt. In Taroudannt selbst sollten wir noch Gelegenheit bekommen, Arganienöl einzukaufen. Vorerst begnügten wir uns aber mit Fotos von den "Klettermaxen". Der Ziegenhirte hätte sich über den einen oder anderen Dirham sehr gefreut, leider hatten wir jedoch nur Euros dabei, die er achselzuckenderweise annahm.

Taroudannt, das heute etwa 72.000 Einwohner zählt, erwartete uns mit einer einzigartigen Stadtmauer und unzähligen Wasserlachen. Es musste bis vor kurzem hier sehr stark geregnet haben, Ausläufer des Unwetters, das uns noch in Barcelona die Stimmung vermiest hatte. Das war an diesem Tag jedoch vergessen. Wir gingen und staunten und fotografierten. Eine andere Welt zog uns in ihren Bann. Hier sahen wir noch Eselskarren, stinkende Autos, die bei uns schon vor Jahren verschrottet worden wären (dafür gibt's allerdings auch keine Abwrackprämie!), Gefährte, die von Ferne an Mopeds erinnerten, Frauen, die bis zur Nasenspitze verschleiert waren, Obst- und Gemüsestände und Menschen, die uns beobachteten. Wir waren froh, dass wir in Begleitung eines kundigen Führers waren. Der Verkehr in dieser Provinzstadt war nur ein Teil, der leicht beängstigend war. Am Stadtplatz aber saßen am Brunnen mehr oder weniger gelangweilt viele Männer, die uns aufmerksam mit den Augen verfolgten. Umgekehrt war dies übrigens auch so. Hier prallten in der Tat zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite, der Tourist, der Fremdling, der nur wenige Stunden hier verbrachte und so viele Eindrücke wie nur irgend möglich mitnehmen wollte, auf der anderen Seite die Einheimischen, die diese "Eintages-Touristen" schon zur Genüge kennen (Kreuzfahrtschiffe legen schließlich regelmäßig in Agadir an) und sie womöglich als Eindringlinge in ihre Welt aus "1001" Nacht betrachten. Wir hatten jedoch keine Zeit, uns mit diesem Thema näher auseinander zu setzen.

Wir waren in erster Linie gekommen, um die Souks kennenzulernen. Diese sind fast vollständig überdacht und befinden sich nur unweit vom Stadtplatz entfernt. Es ist allerdings fraglich, ob wir diese ohne fachkundige Führung gefunden hätten und selbst wenn, bezweifle ich, dass wir ohne fremde Hilfe wieder heraus gekommen wären. Die Welt, die uns dort erwartete, war auch zu neu, zu fantastisch, zu bunt. Schade, dass es kein "Geruchs-Internet" gibt. Die Gewürzberge waren einfach grandios:

Und nicht nur die. Wir badeten in einem Farbenmeer, tauchten ein in fremdartige Welten, mit fremdartigen Gerüchen, staunten über die Kunstfertigkeit der marokkanischen Handwerker. Immer wieder eine Pracht waren die unzähligen Läden, die alles feilboten, was der Einheimische, aber auch der Tourist brauchen: Lederwaren, Pantoffeln in allen denkbaren und undenkbaren Farben, Gürtel, Antiquitäten und immer wieder Keramik. Bilder dazu wie immer in der Fotoshow. In den engen Gassen und Gässchen verliert man sehr schnell den Überblick. Wie schon erwähnt, waren wir froh, einen Guide dabei zu haben, der immer ein Auge auf seine Schäfchen hatte. Auch wenn die Souks fast durchgängig überdacht sind, kamen wir doch immer wieder an kleineren und größeren Pfützen vorbei. Das tat dem Staunen jedoch keinen Abbruch, es war einfach fantastisch.

Irgendwann kamen wir dann wieder an den Ausgangspunkt unseres Bummels und auch hier, wie schon in Casablanca, tummelten sich viele jugendliche Schuhputzer, die jedoch vergeblich um einen Job nachfragten. Mehr Glück hatte der kleine Mann mit dem Musikinstrument, der sich gegen den obligatorischen Euro, allerdings ohne aufdringlich zu wirken, für ein Foto zur Verfügung stellte. Zu guter Letzt wurden wir noch Zeugen, wie Frauen die Früchte des Arganienbaumes verarbeiten. Und das ist wahre Knochenarbeit: Die Fruchtkerne, die an Haselnüsse erinnern, müssen zuerst geschält und zwischen zwei Steinen gepresst werden. Anschließend werden sie leicht geröstet und mit Wasser vermischt. Mit einer Handmühle wird diese Melange dann zu einer couscousartigen Masse verarbeitet. Daraus pressen die Frauen dann von Hand das Öl. Um einen Liter zu gewinnen, benötigt eine Frau fast einen ganzen Tag. In dem kleinen Raum war es ganz leise, fast ehrfürchtig beobachteten wir eine Zeitlang das Geschehen. Man wird sehr demütig, wenn man sieht, wie hart manche Menschen für ihren Lebensunterhalt schuften müssen. Es gab dann natürlich auch noch Gelegenheit, die fertigen Produkte zu kaufen. Mit Arganöl können die unterschiedlichsten Produkte versetzt werden, sie dienen zur Körper- oder zur Haarpflege, aber es wird auch zum Kochen als Speiseöl verwendet.

Nach diesen Eindrücken, die wirklich sehr nachhaltig waren, begaben wir uns zu Fuß zurück zum Stadtplatz, wo wir auf unseren Bus warteten, der sich durch den ganz normalen Feierabendverkehr von Taroudannt kämpfen musste. Von einem "fließenden" Verkehr konnte dabei nicht mehr die Rede sein. Alles stand, vom Eselkarren bis zum "Selfmade"-Moped. Dabei konnte man natürlich auch schöne Fotos schießen. Das Gehupe ist allerdings, ähnlich wie der Geruch, nicht mit einer Digitalkamera festzuhalten.

Wir kamen gerade noch rechtzeitig zum Abendessen in Agadir an und waren dabei in sehr nachdenklicher Stimmung. Mit dem Auslaufen verließen wir Marokko und setzten unsere Reise Richtung Kanarische Inseln fort. Lanzarote war die nächste Station unserer aufregenden Kreuzfahrt. Wollen Sie uns dabei noch ein wenig begleiten? Aber zunächst gibt es noch einige Bilder aus dem brodelnden Taroudannt. Viel Spaß bei der

Fotoshow Agadir/Taroudannt
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