Sonntag, 19. November 2017 (Haifa, Israel)

Auch heute war die Nacht wieder viel zu früh zu Ende, aber wenn wir Jerusalem sehen wollten, war das leider unvermeidlich. Treffpunkt in der Atlantik Lounge war um 7.15. Uhr. Zum heutigen Ausflug begleitete uns Bordpfarrer Herbert Lucas, der während der zweieinhalbstündigen Busfahrt von Haifa nach Jerusalem die Kommentare des heutigen Reiseleiters Gad immer mit seinen Anmerkungen ergänzte. "Jerusalem" ist in den Medien ja ein Dauerbrenner, aber glücklicherweise kam Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen erst nach unserem Besuch, andernfalls wäre ein Ausflug dorthin wegen eventueller Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis wohl nicht möglich gewesen.

Im Reiseführer zu unserem heutigen Ausflug war u.a. eine Außenbesichtigung des Felsendoms vorgesehen. Während der Fahrt fragte ich Gad danach und er meinte lapidar, da ich ja wohl die erste Sure des Korans nicht kennen würde, käme das für uns nicht in Frage. Ob dieser distanzlosen Arroganz war ich erst einmal sprachlos, der Ärger kam später, denn leider glänzte dieser Reiseleiter mehr mit saloppen Sprüchen denn mit tiefgreifendem Wissen zu Jerusalem.

Nach dem obligatorischen Toiletten-Halt, den wir auch mit Einkäufen für Mitbringseln in einem angegliederten Souvenirladen verbanden, erreichten wir die Ausläufer Jerusalems nach etwa zweieinhalb Stunden Fahrt, so wie im Programm vorgesehen. Heute, am Sonntag, war in der fast 900.000 Einwohner zählenden Stadt wieder der ganz normale Straßenverkehrswahnsinn, ein Stau folgte dem nächsten, hier herrscht quasi rund um die Uhr "Rush Hour". Wir versuchten auch immer wieder, Fotos aus dem fahrenden Bus zu machen, manchmal gelang uns das auch ganz gut.

Unsere Besichtigungstour sollte an der Klagemauer ("Western Wall") beginnen. Der Bus musste dazu auch am Ölberg vorbei fahren, den wir am späten Nachmittag ebenfalls zu Fuß erkunden würden. Selbst beim bloßen Blick aus dem Fenster bekommt man schon einen guten Eindruck. Wir sahen die Kirche der Nationen, die Maria Magdalena-Kirche und die Gräber am jüdischen Friedhof. Dazwischen kann man die Busse sehen, die sich die Straße hinunter kämpfen, um auf der anderen Seite wieder hoch zu kommen.

Zehn Minuten später hielt unser Bus und wir stiegen aus. Wir sortierten uns um Reiseleiter Gad, der mit seinem Täfelchen Orientierung gab. Dann marschierten wir los. Es blieb noch Zeit für eine Aufnahme des Ölbergs und von der al-Aqsa-Moschee, die unmittelbar an unserem Weg lag. Sie gilt als drittwichtigste Moschee des Islams, dazu erfuhren wir von unserem lieben Gad jedoch kein Wort. Stattdessen näherten wir uns schnell dem Haupteingang zur so genannten Klagemauer. Vor der Überwachungsschleuse wurden Männer und Frauen getrennt. Man musste, wie bei einer normalen Grenzkontrolle Rucksäcke usw. auf ein Förderband legen, dann durchliefen die persönlichen Gegenstände ein Röntgengerät und eine Minute später war die Überprüfung auch schon wieder beendet. Leibesvisitationen o.ä. wurden nicht durchgeführt. Auch bewaffnete Soldaten sahen wir nicht. Überhaupt war es im Vergleich zu unserem ersten Besuch im Jahr 2010 seitens der Sicherheitsvorkehrungen eher ruhig, zumindest haben wir das nicht bemerkt.

Seit dem wir aus dem Bus ausgestiegen waren,  verging gerade mal eine Viertelstunde und schon standen wir vor einem der wichtigsten heiligen Orte des Judentums, der Klagemauer. Hier trennten sich für die Dauer der Besichtigung die Wege von Männern und Frauen erneut. Ich setzte eine Kippa aus dünnem weißem Stoff auf, diese lagen zur Selbstbedienung in einer großen Kiste aus. Eine Kasse konnte ich nicht entdecken, im Übrigen ist auch der Eintritt hier kostenlos.

Leider hatte ich nicht daran gedacht einen Zettel oder Papierstreifen (Kvittelchen) mit einem kurzen Wunsch zu schreiben, diesen hätte ich dann in eine Mauerritze schieben können, so wie es die gläubigen Juden machen. Aber es geht natürlich auch ohne Zettel und auch wenn ich im christlichen Glauben erzogen wurde, hindert mich sicher niemand daran, ein stilles Gebet zu sprechen. Obwohl es sich um einen Ort der inneren Einkehr handelt und man gehalten ist, Rücksicht zu nehmen (keine lauten Gespräche, nicht telefonieren, fotografieren nur zurückhaltend), ist ein gewisser Lautstärkepegel doch unvermeidbar. Das ist sicher auch den vielen Menschen aus aller Herren Länder geschuldet. Eine Gruppe fiel mir aber dann doch auf, die sich von den anderen deutlich abhob.

Der Aufenthalt an der 60 Meter langen Klagemauer, die 18 Meter hoch ist, dauerte eine halbe Stunde. Dann sammelte Gad seine Schäfchen um sich und wir machten uns zu Fuß auf den Weg zur Grabeskirche. Wer noch an weiteren Informationen zur Klagemauer interessiert ist, dem sei die Seite des "Israel-Spezialisten" ans Herz gelegt.

Je weiter wir uns von der Klagemauer entfernten umso ruhiger wurde es. Heute erinnerte das Ganze tatsächlich mehr an einen besinnlichen Spaziergang als im Jahr 2010 (siehe weiter oben). Damals, es war auch die Zeit vor Ostern, waren etliche Gruppen unterwegs, die ein großes Kreuz mit sich führten. Davon war heute nichts zu sehen. Ich hatte daher auch Gelegenheit, in einem der unzähligen Geschäfte im Bazar ein Basecap mit dem "Jerusalem"-Schriftzug zu kaufen. Der Kauf war ein echtes Erfolgserlebnis, weil ich den Verkäufer von den ursprünglich geforderten 20 auf 10 Euro herunter handeln konnte. 

Neben derartigen Kopfbedeckungen gab es natürlich auch Kippas, man konnte sich mit Postkarten oder Reiseführern eindecken, andere stillten ihren Durst mit frisch gepresstem Orangensaft, weniger appetitlich wirkten die angebotenen Fleischwaren. Aber es gab natürlich auch Obst, Gewürze, Stoffe, Schmuck und und und. Im Basar ist für jedermann und erst recht für jederfrau etwas dabei. Auf unserem Weg über die Via Dolorosa kamen wir auch an mehreren Stationen des Kreuzweges von Jesus vorbei, an einigen blieb der Reiseleiter stehen und erzählte etwas dazu. Für die Strecke von der Klagemauer zur Grabeskirche benötigten wir ebenfalls etwa eine halbe Stunde, wobei ich betonen möchte, dass es dabei wirklich fast gemütlich zuging.

Auch die Menschentrauben am Eingang zur Grabeskirche hielten sich in Grenzen. Gad gab uns genügend Zeit für eine Erkundung einer der heiligsten Stätten des Christentums.

Kaum hatten wir das Innere der Kirche betreten, waren wir auch schon vor dem Salbungsstein, auf den sich vor acht Jahren Dutzende von Menschen regelrecht gestürzt hatten. Auch das war heute deutlich ruhiger. Auf dem Rückweg konnten wir den Stein sogar ohne einen einzigen Gläubigen fotografieren.

Unmittelbar hinter dem Salbungsstein befindet sich ein monumentales Gemälde, das zeigt wie Jesus vom Kreuz abgenommen wird.

Im Anschluss führt eine Treppe nach oben, dort befindet sich der Kreuzigungsfelsen Golgota. Hier waren zahlreiche Gläubige und wir hatten Mühe, überhaupt ein anständiges Foto zu machen.

In einer Art Rundweg geht es auf der anderen Seite wieder nach unten und so kamen wir u.a. auch in der armenisch-orthodoxen Kapelle vorbei, die wiederum menschenleer war.

Es ist überhaupt erstaunlich, dass insgesamt sechs Konfessionen in der Grabeskirche beheimatet sind und zwar die Armenische Apostolische Kirche, die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche, das Griechische Patriarchat von Jerusalem, die Koptische Kirche, die Römisch-katholische Kirche sowie die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien. Die Schlüsselgewalt obliegt der moslemischen Familie Joudeh, welche die Schlüssel der Kirche seit mehreren Jahrhunderten verwahrt, die Familie Nusseibeh hingegen schließt die Haupttür morgens auf und abends wieder zu.

Schließlich erreichten wir die Ädikula, die 14. Station des Kreuzweges. Hier war an einen Zugang zum eigentlichen Grabbett jedoch nicht zu denken, denn die Menschenschlange war hier unüberschaubar. Immerhin kamen wir in den Genuss der 2016/2017 vollständig renovierten Ädikula, die sich unter der mächtigen Kuppel befindet.

Die Besichtigung der Grabeskirche war damit beendet, aber die Eindrücke wirkten natürlich noch nach. Es ist schon erstaunlich, dass trotz aller Streitereien und Zwistigkeiten über viele Jahrhunderte oder Jahrtausende immer wieder Wege gefunden wurden, die es den Menschen mit ihren unterschiedlichen Religionen ermöglichten, ihren Glauben unter dem Dach der Grabeskirche auszuleben.

Unser Reiseleiter geleitete uns in der Folge durch das Gassengewirr der Jerusalemer Altstadt in das armenische Viertel, wo wir in einem Restaurant unser Mittagessen einnahmen. Hier hatte Phoenix erneut eine gute Wahl getroffen, das Essen war schmackhaft, der Service sehr gut und wir konnten uns von den Strapazen der Besichtigung etwas erholen.

Auf dem Weg zum Bus kamen wir u.a. auch an der Davidszitadelle vorbei, die ebenfalls Herodes errichten ließ.

Aus dem Bus heraus hatten wir dann noch die Möglichkeit, das Gewusel auf der Sultan Suleiman Street zu verfolgen.

Dann fuhren wir zurück Richtung Ölberg. An einer Kreuzung fiel uns noch dieser Obstladen auf, der geradezu liebevoll mit diverse Zitrusfrüchten bestückt worden war.

Dann stiegen wir erneut aus und Gad scheuchte uns Richtung Kirche der Nationen. Auf dem Weg dorthin hatten wir immerhin einen herrlichen Blick auf den Felsendom und den jüdischen Friedhof. Wenngleich es natürlich kein vollständiger Ersatz für den Besuch auf dem Tempelberg war, entschädigte der Ausblick immerhin ein wenig.

Und dann war da ja noch die Kirche aller Nationen, die sich beim Garten Gethsemane befindet. Es blieb sogar noch genügend die Zeit, um ins Innere der Kirche zu gehen, in der gerade ein Gottesdienst abgehalten wurde. Natürlich machten wir auch diverse Außenaufnahmen, auch von der sehr schönen Maria Magdalena-Kirche, einer russisch-orthodoxen Kirche, die sich ebenfalls auf dem Ölberg befindet.

Mit diesen letzten Eindrücken verabschiedeten wir uns von Jerusalem und traten mit vollen Speicherkarten die Rückfahrt nach Haifa an. Pünktlich zum Abendessen erreichten wir das Traumschiff, wo heute u.a. ein ausgezeichneter Hirsch Sauerbraten serviert wurde. Während wir noch die Kulinarik der Amadea genossen, wurden die Leinen gelöst. Wir sagten dem Heiligen Land leise und andächtig "Adieu", wir waren dankbar, dass wir zwei unvergessliche Tage in Israel verbringen durften.

Die zwei Tage im Heiligen Land hatten viel Kraft gekostet, wir hatten jeweils mehr als 10-stündige Ausflüge zu bewältigen. Wir waren daher froh, dass morgen ein Seetag auf dem Programm stand, bevor wir den letzten Hafen in Kreta anlaufen würden.

 

Start Reisebericht Seetag und Kreta Haifa Tag 1

 

Mit einem letzten Bild, welches das so genannte Dungtor (Misttor) zeigt, verabschieden wir uns aus Israel. Zwei wunderbare Tage liegen hinter uns, jetzt nähert sich die Reise mit dem Traumschiff ihrem Ende.

 


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